Maria und Georg Müller - ein Ehepaar, welches Gnade hatte, 85 (Maria) und 88 (Georg) Jahre alt zu werden, Kinder, Enkel und Urenkel aufwachsen zu sehen, Gott in verschiedenen Adventgemeinden dienen zu dürfen und nun ihr über 70-jähriges Taufjubiläum angehen darf!
Wie kamt ihr beide zur Gemeinde?
Georg:
Die Fortbewegungsmittel waren früher viel umständlicher als heute. Um von einem Ort zum anderen zu kommen, mussten wir meistens zu Fuß gehen, die Zugstrecken waren begrenzt, aber meistens bot sich eine Mitfahrgelegenheit mit einem Pferde- oder Ochsengespann an. Eines Tages - ich war 14 Jahre alt und kam von der Arbeit - ging im Zug von Mediasch (Siebenbürgen, Rumänien) nach Elisabethstadt eine junge Frau, namens Susanna auf mich zu, setzte sich zu mir und begann, mir in unserer siebenbürgisch-sächsischen Mundart von Jesus zu erzählen. Diese Schwester war Susanna Roth, die vielen bekannt sein dürfte. Wie es ihre Gewohnheit war, nutze sie jede Gelegenheit, jedem, der es hören wollte, von Gott und seiner Liebe zu uns Menschen zu erzählen. Sie fuhr regelmäßig, sobald sie etwas Zeit hatte, diese Zugstrecke und erzählte den Menschen von Jesus. So auch mir.
Etwas in mir trieb mich auf die Suche nach dem echten, richtigen und erfüllenden Glauben. In der evangelischen Kirche aufgewachsen und konfirmiert, hatte ich oft das Gefühl, dort nicht hinzugehören. Also begann ich, auch die Gottesdienste anderer Kirchen zu besuchen.
Das, was Schwester Roth mir erzählte, entfachte sofort ein Feuer in mir. Sie fragte auch, woher ich kam und als sie hörte, dass ich aus Neudorf kam und sie auch wusste, dass dort einige wenige Adventgläubige wohnten, wusste sie mich in guten Händen.
Erst ging ich nur zu den Freitagabend-Andachten der Adventisten in Neudorf. Meinem Vater gefiel das ganz und gar nicht. Er forderte mich immer auf, daheim zu bleiben und schimpfte mich aus, wenn ich wieder mal in die Adventgemeinde ging. Ich ließ mich nicht beirren, denn ich wusste, dass meine Suche beendet war und ich dort genau richtig bin.
Schwester Katharina Hermann ermutigte mich, auch am Sabbat Vormittag den Gottesdienst zu besuchen. Ich versprach, zu kommen. Innerlich sagte eine Stimme zu mir: „Was hast du da versprochen? Du gehst da nicht hin! Dann darfst du nicht mehr rauchen und trinken“. Ich wusste gleich, dass Satan mich verunsichern wollte, aber ich wollte mein Versprechen Gott gegenüber und auch Schwester Hermann gegenüber nicht brechen. Auch das Rauchen und Trinken zog mich bald mit Gottes Hilfe nicht mehr an, obwohl ich leidenschaftlicher Raucher war.
Da ich zu dem Zeitpunkt noch ein konfirmiertes Mitglied der Evangelischen Kirche war, blieb es dem hiesigen Pfarrer nicht verborgen, dass ich die Hauskreis-Gemeinde besuchte und Sonntags die Kirche auf dem Hügel.
Eines Morgens wollte ich den Gottesdienst der Adventisten besuchen, als mir der Pfarrer von Weitem zurief: „Georg, wo willst du hin?“. Ich erwiderte „Ich gehe in den Gottesdienst!“, daraufhin der Pfarrer mir erbost zurief „Da hast du nichts zu suchen!“. Ich ignorierte ihn und ging in den Hof, in dem die Hauskreis-Gemeinde sich traf. Seitdem habe ich keinen Sonntags-Gottesdienst in der evangelischen Kirche auf dem Hügel besucht.
Nach einiger Zeit fand in Neudorf eine Konferenz der Siebenten-Tags-Adventisten im Festsaal des Dorfes statt. Schwester Katharina Hermann lud mich wiederum zu dieser besonderen Versammlung ein. Ich sagte zu und ging hin. Der Saal war von Öllampen schwach erleuchtet - dafür schien das Wort Gottes um so heller zu strahlen. Drinnen war alles gefüllt bis auf den letzten Platz.
Das bestärkte mich noch mehr, an diesem neu gewonnenen Glauben und der Adventgemeinde festzuhalten. Ich wusste, dass ich hier Antworten auf meine Fragen finden würde.
Meiner Großmutter, der Mutter meiner Mutter, blieb mein Wandel nicht verborgen. Sie sagte mir, dass sie auch dort sein möchte, wo ich hingehe. Sehr zu meiner Freude ging sie mit mir zum Gottesdienst und ließ sich mit uns zusammen taufen.
Hier lernte ich auch meine zukünftige Frau, Maria Rosen, näher kennen. Ich kannte sie zwar vom Sehen, da wir beide in diesem kleinen Dorf aufgewachsen waren.
Frisch getauft, hatte ich mir eine Gebetsliste mit Namen erstellt. Für diese Personen betete ich besonders innig. Hierzu zählten natürlich meine Eltern, Großeltern, mein Bruder und meine beiden Schwestern. Was mich besonders freut ist, dass sich mein Vater schwerkrank einige Monate vor seinem Tod in einer Zinkbadewanne in seinem Krankenzimmer taufen ließ. Und auch meine beiden Schwestern fanden den Weg in die Gemeinde. Für meinen Bruder beten wir weiterhin, dass Gott auch sein Herz anrühren und auch er den Weg zur Erlösung finden möge.
Ich bin Jesus dankbar, dass er mich bis heute getragen und mir geholfen hat, treu zu bleiben.
Maria:
Ich besuchte die Gottesdienste der Adventisten in Neudorf gemeinsam mit meiner Mutter, Rosina Rosen, seit ich ca. neun Jahre alt bin, wahrscheinlich um 1945 herum. Diese hatte sich allen Umständen zum Trotz in dieser Zeit zur Glaubenstaufe entschieden. Dort hörte ich Geschichten von Jesus, sang gerne im Chor und sagte Gedichte auf. Mein Vater war strikt dagegen und erlaubte es uns nicht, am Sabbat in den Gottesdienst zu gehen. Er wollte seinen evangelischen Glauben nicht aufgeben und fürchtete sich auch davor, von Nachbarn und Familie verspottet zu werden, da (fast) das ganze Dorf evangelischen Glaubens war und die Adventisten in der absoluten Minderheit waren.
Oftmals mussten Mutter und ich vor seinem Zorn flüchten. Gott ließ uns auch in dieser schweren Zeit nicht im Stich, so dass wir regelmäßig zum Gottesdienst gehen konnten. Später kamen auch meine jüngeren Geschwister mit in die Gemeinde. Mein Vater verstarb leider früh, bereits im Jahr 1954, so dass meine Mutter mit uns Kindern, ich war die Älteste von vier Geschwistern, allein blieb. Ein Bruder und eine Schwester haben sich leider im Lauf ihres Lebens von der Gemeinde entfernt, was meine Mutter, meine jüngste Schwester und ich sehr schmerzlich bedauert haben.
Wie habt ihr euren Tauftag in Erinnerung?
Maria und Georg:
Es war an einem sehr schönen, sonnigen Sonntag im Juni 1951. Wir wurden als Gruppe (18 Personen) in der Großen Kokel in Siebenbürgen (Rumänien) getauft. Der Name der Predigers ist uns leider nicht mehr bekannt. Wir waren zu dem Zeitpunkt 17 und 14 Jahre alt.
Das saubere und klare Wasser ist uns noch gut in Erinnerung. Die funkelnde Oberfläche des Wassers konnte mit dem Strahlen auf unseren Gesichtern nicht mithalten, als wir uns voller Stolz und Erwartung in die Reihe der Täuflinge aufstellten. Endlich war der lang ersehnte Tag da, an dem wir den Bund mit unserem himmlischen Vater schließen durften. Auch meine Großmutter mit 76 Jahren ließ sich an diesem Tag taufen.
Unsere Tauftexte sind uns leider nicht mehr bekannt.
Was hat euch beide in der Gemeinde gehalten?
Nach unserer Heirat im Februar 1954 waren wir begeisterte Gemeindemitglieder. Wir sangen im Chor und bekamen sogar Violinen-Unterricht. Voller Begeisterung besuchten wir mit anderen jungen Gemeindegliedern Nachbargemeinden und unterstützten bei Hochzeiten, Beerdigungen sowie andern Gemeindefeierlichkeiten. Auch im alltäglichen Leben konnten wir uns als Gemeindeglieder aufeinander verlassen.
Der große Zusammenhalt und die gemeinsame Anbetung machten die Adventgemeinde zu unserem „Zuhause“.
Gott hat uns vier Kinder, acht Enkel und acht Urenkel geschenkt, die wir alle innig und von Herzen lieben!
Habt ihr diese Entscheidung jemals bereut?
Nein, keinen einzigen Tag!
Wir haben während dieser langen Zeit Gottes Führung, Bewahrung und Leitung in unserem Leben erfahren und erkennen dürfen und sind unendlich dankbar, für das was wir mit unserem wunderbaren Gott im Lauf der Jahre erleben durften. Auch wenn unser Leben nicht immer einfach war, wir wussten uns immer bei Gott geborgen und getragen.
Welchen Rat gebit ihr frisch getauften Gemeindegliedern auf den Weg?
Einen Bibeltext möchten wir unseren jungen Geschwistern mitgeben aus 1. Timotheus 6, 12:
„Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen“.
Ich habe Maria und Georg Müller als ein liebenswertes, freundliches und gebetstreues Ehepaar kennengelernt, die ihre Kinder, Enkel und Urenkel, Freunde, Verwandte, Bekannte und nicht zuletzt ihre Heimatgemeinde jeden Tag in Gottes vertrauensvolle Hände legen und die mir persönlich ein Vorbild geworden sind - und ich kenne sie schon ziemlich lange - denn sie sind meine geliebten Großeltern!
Michaela Weiss